Leserbrief zum RZ-Artikel vom 29.10.2022 „Ministerium hält an Deadline 30. Juni 2023 fest“
Wenn tatsächlich zutreffen soll, was in dem RZ-Artikel vom 29.10.2022 ausgeführt wurde, nämlich dass an der in der Verwaltungsvereinbarung „Aufbauhilfe“ festgesetzten Frist „30.06.2023“ für die Antragstellung der Hochwassergeschädigten an der Ahr festgehalten wird, muss man ein kollektives Versagen der zuständigen Bundes- und Landesbehörden konstatieren. Die „Geprellten“ werden am Ende die flutgeschädigten Privatpersonen und die ebenfalls massiv betroffenen Kommunen gleichermaßen sein.
Die Zahl der Anmeldungen für Maßnahmen aus der Flut alleine der öffentlichen Hand hat bis Mitte Oktober eine Zahl von 2.769 kommunalen Projekten mit einem Volumen von rd. 4,1 Mrd. Euro erreicht. Weitere Anmeldungen sind zu erwarten. Man muss kein Bau- oder Finanzierungsfachmann sein, um zu erkennen, dass angesichts dieser Dimension bis zum 30.06.2023 eine abschließende Antragstellung unter Beifügung der notwendigen Planungs- und detaillierten Kostenberechnungen objektiv nicht möglich sein wird.
Und schon jetzt fängt das berühmte „Schwarzer Peter-Spiel“ an zu laufen. Das rheinland-pfälzische Innenministerium hat dem Vernehmen nach bereits im März 2022 eine Fristverlängerung beim Bundesbauministerium beantragt. Das Bauministerium habe sich allerdings nicht für zuständig erklärt. Das Bundesinnenministerium habe auf das Bundesfinanzministerium verwiesen, dem angeblich eine Initiative zur Fristverlängerung „bisher nicht bekannt“ sei. Ein telefonischer Austausch oder eine Abstimmung per E-Mail offenbar nicht möglich.
Nachdem sich die Politikgrößen aus Bund und Land mit ihren Besuchen im Flutbereich unmittelbar nach der Flutkatastrophe und kurz vor der Bundestagswahl gegenseitig überboten und Zusagen „ohne Ende“ gemacht haben, geht es jetzt ans Eingemachte und an den Wortlaut der Verwaltungsvereinbarung. Und da sagen die Behörden: „Frist ist Frist“. Dass diese mit Blick auf die Schadensdimension tatsächlich nicht eingehalten werden kann, spielt offenbar keine Rolle.
Man darf jetzt gespannt sein, welches Ergebnis Frau Landrätin Weigand mit ihrem „Bettelbrief“ an den Bundeskanzler erreicht, der offenbar an das Finanzministerium weitergeleitet wurde. Dem Vernehmen nach ist zur Verlängerung der Frist ein „abgestimmter Antrag der betroffenen Bundesländer“ (Bayern, NRW, Sachsen und Rheinland-Pfalz) erforderlich, eine entsprechende Initiative dazu gebe es allerdings bislang nicht. Spätestens jetzt ist Kopfschütteln angesagt – aber die Hoffnung stirbt bekanntermaßen zuletzt.
Hans-Josef Marx
FWG-Fraktionsvorsitzender im Kreistag Ahrweiler